Donnerstag, 18. Juni 2009

Review: Drag Me to Hell

"Hey Sam Raimi, das is doch der, der auch Spider-Man gemacht hat!" - So ungefähr hörte sich der erste (aber leider nicht letzte) Kommentar der drei Personen hinter mir an, die vorher noch mit ihrem ultimativen Diätwissen ("Vor jedem Essen ein Glas Apfelessig und man nimmt nicht zu"), ihrer unentwegten Kentnisse der Unterwäsche bei Aldi ("Die B-Hs bei Aldi sind sooo toll, und viel besser als die von H&M") und natürlich dem Lachanfall beim Wickie-Trailer, als jemand einen Stein an den Kopf bekommt - haha. Nun gut, aber darum gehts ja jetzt nicht, es geht um folgendes Zitat mit dem man die folgende Kritik gut einleiten kann (danke nochmal, Leute hinter mir, die unentwegt, lachten und redeten ^^) : Ja, Sam Raimi ist der Regisseur der Spider-Man-Trilogie und wurde dadurch auch dem Mainstream-Publikum bekannt. Doch auch schon davor drehte Raimi einige Filme: Angefangen hat seine eigentliche Filmkariere nämlich mit dem Low-Budget-Horror Tanz der Teufel, in dem es um eine Gruppe Teenager geht, die in einer Waldhütte Urlaub machen, dort ein altes Buch finden und "das Böse" beschwören, was ihnen nun den Urlaub madig macht. In der Hauptrolle des in Deutschland augrund seiner Gewaltdarstellung beschlagnahmten Films (was angesichts der comicartigen Überzeichnung absolut Lächerlich ist), war der damals noch unbekannte Bruce Campbell, der heute als einer der besten und kultigsten B-Movie-Darsteller gilt und in Filmen wie Bubba-Ho-Tep, The Man with the Screaming Brain und erst demletzt in My Name is Bruce mitwirkte.

Nachdem der erste teil weltweit zum Kultphänomen wurde legte Raimi noch zwei weitere Teile nach: Tanz der Teufel 2, der 10 mal so viel kostete wie Teil 1 und schon deutlich humoristischer ausgelegt war. 1993 folgte dann der letzte Teil der Trilogie: Armee der Finsternis, der kaum noch auf Spallter und Gore, dafür umso mehr auf abgedrehten Humor und allerlei Wahnsinn zielte. In den nächsten Jahren zog sich Raimi dann aus dem Horrorbereich zurück und drehte einen Western (Schneller als der Tod), zwei Dramen (Ein einfacher Plan, Aus Liebe zum Spiel), einen Mysterythriller (The Gift) und eben die Spider-Man-Filme. Bei Spider-Man 3 sah man wieder raimis Vorliebe für abgedrehten Humor und anderes zeug, wie man es schon bei Tanz der Teufel zu sehen bekam, was den Fans extrem wenig zusagte, anderen aber (mir zum beispiel) gut gefiel. Nachdem Raimi auch den regieposten im vierten und fünften Spider-Man übernahm erklärte er, dass er zwischen den Spidey-Riesenproduktion noch einen kleinen Horrorfilm machen wollte: Der Titel? Drag Me to Hell; Das Drehbuch hatte er vor ungefähr 16 Jahren mit Bruder Ivan geschrieben. Ein kleiner Horrorfilm, der gleichzeitig altmodisch ist, aber auch den typischen Stil eines Sam raimi hat, klasse. Doch funktioniert ein Film mit Flüchen und Schreckeffekten in der Zeit von blutigen Gewaltexzessen á la Saw 5000 und Hostel überhaupt noch. Kurz und knapp: Ja!

Für Christine (Alsion Lohman), in ärmlichen Verhältnisen auf einer Farm aufgewachsen, läuft eigentlich alles ganz gut: Sie steht kurz davor zur stellvertretende Geschäftsführerin einer Bank befördert zu werden, womit sie in den Augen der reichen und kritischen Augen ihres Freundes (Justin Long) besser dastehen würde. Um ihrem Mistreiter Stu, den stellvertetenden Geschäftsfüher-Posten auszustechen lehnt sie eine Kreditverlängerung der Roma Mrs. Ganush ab, was die Zigeunerin gar nicht gut findet und Christine mit einem Fluch belegt. Ab diesem Moment plagen Christine fürchterliche Visonen, die nur die Vorstufe zu etwas noch schlimmeren sind: In ihrer Not wendet sie sich an den Wahrsager Rham Jas, der ih erklärt, das ein alter Geist sie in drei Tagen in die Hölle ziehen wird...

Gleich zu Anfang macht Raimi eigentlich unmissverständlich klar was man zu erwarten hat: Als man ein ca. 30 jahre altes Universal-Logo anstatt des neuen zeigt und eine kleine, in Farbfilter gedrehte Vorgeschichte im jahre 1969 sagen laut und deutlich: das wird Old-School! Und das ist es auch ... fast: Spätestens bei der Szene mit Christine und Mrs. Ganush im Parkhaus macht Raimi nochmal klar, was man darüber hinaus zu erwarten hat: Ein Old-School-Horrorfilm, der ganz schön abgedreht und auch recht lustig ist. Was dann folgt ist schnörkellos und gleichzeitig herrlich unkonventionelles Horrorkino für Erwachsene (Trotz des PG-13-Ratings in den USA), dass sich eher auf die verschiedensten Schock- und Ekelszenen stützt als auf blutigen Splatter: Anstatt Blut gibt es aber allerlei anderes Zeug: Maden, Schleim, Sabber, in Kuchen auftauchende Augen die mit viel Schmodder zerstochen werden, alles was eben überaus eklig ist: Dies wird dann alles aber in einer extrem cartoonhaften Darstellung gezeigt, dass man kräftig darüber lachen kann oder angewidert den saal verlassen kann. Insgesamt ist Drag Me to Hell auch ein recht lustiges Filmchen, das eben durch seine extreme comichafte Art zum Lachen verleitet.

Das tolle an Drag Me to Hell ist aber, dass Raimi nicht nur lustige Ekelszenen und einige intensive Schockmomente zeigt, sondern auch auf die Atmosphäre des Films achtet, die in manchen Szenen wirklich ein klassisches Horrofilmflair versprühen und dem Film hin und wieder etwas Ernst und wirklich eine sehr spannende und einfach gruselige Atmosphäre verleit. Das harmoniert dann sogar noch exzellent mit den lustigen Teilen des Films, wodurch Drag Me to Hell auf eine gewisse Weiße etwas einzigartig und untypisch wirkt. Gefördert wird das noch durch den leisen und schaurigen Score von Christopher Young, aus dem man zwar etwas mehr rausholen hätte können, aber zumindest als Untermalung sehr gut funktioniert und einen erheblichen Teil zur schon erwähnten Atmosphäre beiträgt, zum anderen durch die tolle Kameraarbeit, in der öfters in mehreren Einstellungen an Alison Lohmans gesicht heranzoomt -- und ZACK!! schon kommt ein Schockmoment ... oder auch nicht, trotzdem gut gemacht.

Zu bemängeln gibt es aber auch etwas, denn Drag Me to Hell ist (leider) nicht ganz perfekt: Inhaltlich ist der Film nämlich ziemlich schwach und bietet einige Logiklöcher, die einem beim näheren betrachten schon stören dürften. Die Story bietet außerdem auch nicht arg viel neues: Fluch, drei Tage um sich zu retten und dazwischen halt einige Visonen, das ist wahrlich nichts neues und dürften Hardcore-Genrefans schnell langweilen, auch die CG-Effekte sind nicht auf dem neusten Stand, was aufgrund deren sehr seltenen Präsenz aber überhaupt nicht stört. Letztendlich reist es dann eben Alison Lohmans tolle Performance und die geniale Atmosphäre raus, die einen beinahe vergessen lassen, dass der Film storytechnisch mal überhaupt nichts neues bietet. Schlussendlich sei dann noch der Showdown erwähnt, der wirklich perfekt inszeniert ist, nochmal so richtig auf die Kacke haut und Aufgrund der typisch Raimischen-Machart überzeugt wie sonst was. Da kommt nicht mal die "Beschwörungszene" ran, die mit ihrer Abgedrehtheit und der musikalischen Untermalung auch sehr genial ist. Der eigentliche Klimax findet dann ca. 2 Minuten vor dem Abspann statt und dann denkt man sich: Irgendwie war das Ende mal total logisch, doch dran gedacht hat dann irgendwie doch keiner.

Fazit: Drag Me to Hell ist ein runder Film, der zwar nicht ganz perfekt ist, aber durchaus mit Atmosphäre, Humor, Inszenierung und Besetzung punkten kann. Ein Film für Sam Raimi-Fans, Liebhaber von altmodischem Horror á la Hammer Studios und denen, die antstatt der tausendsten Leichenschändung eines alten Genrestreifens und nicht aufhören wollender Blutfontänen auch mal wieder einen richtigen Oldschool-Horrofilm sehen wollen. Meiner meinung nach, der beste (Kino)-Horrofilm der letzten Jahre.

7,5/10

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