Mittwoch, 25. März 2009

Review: Slumdog Millionär


Just a humble Slumdog,
sitting in the chair on the Millionaire.

What will I be holding, in the end?

Whats my final answer?

Is it written there? Do I really care?

I´m only here to phone a friend.


Viele hatten es nicht geahnt, viele haben es gehofft, viele waren überrascht: In der Nacht vom 22. auf den 23. Februar gewann Slumdog Millionär 8 Oscars, inklusive dem für den Besten Film und die Beste Regie. Somit setzte sich die kleine britisch, indische Independetproduktion gegen den knapp dreimal so teuren Der seltsame Fall des Benjamin Button durch, der sogar für drei Oscars mehr nominiert war. Viele wussten nicht wo die Faszination für diesen "Liebesfilm" herkommt und andere fanden (Inklusive mir) das der Film seine Oscars (Und anderen Awards) bestimmt nicht verdient hat - Tja, wie man sich täuschen kann.

Slumdog Millionär ist der neue Film von Danny Boyle. Der Brite der mit dem Kultstreifen Trainspotting (1996), seinen ersten großen Erfolg feierte (davor kam noch Kleine Morde unter Freunden) feierte ist unter Mainstream-Kinogängern ziemlich unbekannt, was er nicht verdient hat: Liebe lieber ungewöhnlich (1997) ist, trotz des irreführenden deutschen Titels, eine kleine, dreckige und rabenschwarze Komödie mit Ewan McGregor und Cameron Diaz, mit Mit 28 Days Later (2002) hauchte er dem Zombie-Genre neues Leben ein, mit Sunshine (2007) drehte er einen bodenständigen und klaustrophobischen Science Fiction-Film, der lange nachwirkt. Bisher enttäuschte mich nur The Beach (2000) richtig. nach dem großen Erfolg wurde Boyle sogar die Regie für den nächsten James Bond angeboten, die er aber ablehnte - schade eigentlich.

Slumdog Millionär war dann der absolute Überraschungserfolg: Nachdem er auf dem Toronto Film Festival lief gewann er zahlreiche Preise, wie den Bafta Award, Golden Globes und eben 8 Oscars. Über die Oscars kann man allerdings streiten, ob er wirklich die Technik-Oscars wie Beste Kamera oder Bester Ton verdient hat ist im Gegensatz zu Konkurrenten wie The Dark Knight oder WALL•E mehr als fragwürdig. Trotzdem, Slumdog Millionär ist ein überraschend guter Film.


Was brauchst du um die Liebe deines Lebens zu finden?
a)Geld
b)Glück
c)Grips
d)Schicksal

Alles beginnt im Studio der indischen Version von Wer wird Millionär. Der 18 Jährige Jamal Malik ist der Kandidat, ein Angestellter im Call-Center, dort serviert er Tee. Als der in den Slums von Mumbai aufgewachsene sogenannte Slumdog bis zur 10 Millionen Rupien Frage kommt glauben alle ihren Augen nicht - am Ende der Show wird Jamal von der Polizei mitgenommen, gefoltert und ausgefragt, da er unter Verdacht steht betrogen zu haben: Woher weiß ein Slumdog so viel. Um seine Unschuld zu beweisen erzählt Jamal seine komplette Lebensgeschichte: Wie er zusammen mit seinem Bruder in den Slums aufgewachsen ist, wie er dort Abenteuer und Grausamkeiten erlebt hat, wie sie sich mit Gangstern angelegt haben, über seine erste und verlorene Liebe Latika... Jedes Stück seiner Geschichte ist der Schlüssel zu einer der Fragen.

Was vor allem an Slumdog Millionär hervorsticht ist die Erzählform, beinahe zu Vergleichen mit Forrest Gump, unser Forrest, Jamal Malik, sitzt auf dem Polizeirevier und zusammen schauen sie sich eine Aufnahme der TV-Show an, bei jeder Frage fängt Jamal an zu erklären wieso er die Antwort wusste: Ein Flashback erzählt nun einen seiner Lebensabschnitte. Von 5 bis 18 Jahren. Am Schluss ist der Film dann in der Gegenwart angekommen und die Ereignisse nehmen von da an Fahrt auf, eigentlich genauso wie bei Forrest Gump - nur um einiges anders. Danny Boyle mischt hier nämlich mehrere Genres: Drama, Action, Thriller, Gangsterfilm und Lovestory. Der Film wurde aber so inszeniert das trotzdem alles wie aus einem Guss wirkt, eine Aufgabe die Boyle meisterhaft umsetzt und den Regie-Oscar auf jeden Fall verdient hat. Weiterhin schafft es Boyle die lebhafte, zum Teil auch deprimierende Atmosphäre von Mumbai (Die Stadt, die früher Bombay hieß) einzufangen. Zusammen mit Kamermann Anthony Dod Mantle zeichnet er ein Bild von Indien, dass man nicht in den kitschige, oberflächlichen, Bollywoodproduktion zu Gesicht bekommt. Die teils bunten Farben, gemischt mit düsteren Stellen, einer außergewöhnlichen Kameraarbeit und schnellen Schnitten, die man so eigentlich aus den Filmen von Tony Scott kennt, geben einen originellen und einzigartigen Look, den man so nicht oft bestaunen kann. Untermalt wird das Geschehen vom Score von A.R. Rahman, der zwar zu den Bildern und dem Film passt mich aber zum teil richtig nervte, da es kaum irgendetwas melodisches gab. Hat mir absolut nicht gefallen, der Song O ... Saya besteht zum größten teil auch nur aus geschrei. Viele wollen mich nun wohl steinigen, aber der Score war wirklich mein größter Kritikpunkt. Positiv aufgefallen sind mir dagegen mein derzeitiger Lieblingssong Paper Planes von M.I.A sowie dessen Remix. Auch der Oscarprämierte Song Jai Ho wusste zu überzeugen.

Auch die Schauspieler wissen zu überzeugen: Dev Patel, der einzige Darsteller, der nicht auf der Straße Indiens gecastet wurde, gibt Jamal eine Persönlichkeit, macht ihn sympathisch und lässt einen mitfiebern: Bekommt er noch einmal Latika zu Augen oder nicht? Der Rest des Casts überzeugt auch: Ob die Kinderdarsteller, oder die der erwachsenen: Der Indische Superstar Anil kappor als schmieriger Wer wird Millionär- Showmaster, der Polizist, die Gangster, Jamals Bruder oder die bezaubernde Freida Pinto als Latika: Alle, und wirklich alle, wissen zu überzeugen.

Was sonst noch positiv auffällt ist die Verschmelzung von Feel-Good-Movie und den grausamen Bildern der Slums: Hier werden Kindern, die Augen ausgebrannt, weil blinde Sänger mehr Geld bekommen als die, die sehen, Kinder zur Prostitution gezwungen, und Jamals Bruder immer mehr in einen Strudel aus gewalt und Kriminalität abrutscht fragt man sich ob es so noch ein Happy End geben kann. Slumdog Millionär schafft es so trotz der Grausamkeiten (Das hier nicht falsch verstehen: Grausamkeiten müssen nicht immer in Saw oder Hostel-Manier gezeigt werden, immerhin hat der Film hier eine Freigabe ab 12) ein Film über den Wert des Lebens und der Liebe ist, und das ohne ins kitschige abzurutschen...

...naja, leider nur fast. Das Ende des Films ist, das darf man sagen, natürlich ein Happy-End, in der letzten halben Stunde wird der Film nämlich ziemlich kitschig und unglaubwürdig. latika ist mit dem größten gangster der Slums zusammen, auch Jamals Bruder arbeitet für ihn, [Spoiler]Bringt sich und den Gangster dann um[/Spoiler]. Das ist so platt dargestellt, dass es kaum noch zum vorangegangenen Rest passt und den Film irgendwie runterzieht (Wenn auch nicht arg). das gipfelt am Schluss dann noch in einer Bollywood-Tanz- und Gesangseinlage, die bei einem komplexen, nachdenklich stimmenden Film mit einer Prise Sozialkritik wirklich nicht hätte sein müssen. dafür ist Jai Ho klasse.

d) Schicksal

Fazit: Slumdog Millionär ist, was ich wirklich nicht gedacht hätte, ein außergewöhnlich guter Film geworden, der einen Teil seiner Oscars (Film, Regie, Schnitt, Kamera) wirklich verdient gewonnen hat, andere wiederum gar nicht (Musik, Ton). Insgesamt ist er aber ein wunderschöner und gleichzeitig brutaler Film, der durch einzigartige Bilder besticht und der lange nachwirkt. Ich habe sehr strak gezweifelt an Slumdog Millionär, doch jetzt bin ich überzeugt. Ein Film, der sich wirklich lohnt.

8/10

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Gute Kritik, der ich leider nicht voll und ganz zustimmen kann:

Die Musik fand ich mehr als genial und hat den Oscar verdient. da verstehe ich nicht wie du die schlecht finden konntest.

Grüße

The Great Gonzo hat gesagt…

Hallo,

ja, das mit der Musik ist eben Geschmackssache: ich kenne Leute, denen sagt die total zu, aber ich fand die einfach nur schrecklich.

Trotzdem danke für das Lob, hört man gerne.

Gruß
Gonzo